Mysteriöser Cameo von Jackie Chan im Film „Fists And Guts“ (1979) von Regisseur Lau Kar-Wing?

Mysteriöser Cameo von Jackie Chan im Film „Fists And Guts“ (1979) von Regisseur Lau Kar-Wing?

26. September 2018 Aus Von Thorsten Boose

Ende der 1970er Jahre war Jackie Chan dank seiner Filme »Snake In The Eagle’s Shadow« und »Drunken Master«, beide von 1978, sowie dem frisch angelaufenen »The Fearless Hyena« ein Star, den jeder auf den Straßen Hongkongs erkannte. Vertraglich noch immer an Lo Wei gebunden, half er abseits der Kamera seinen Freunden Sammo Hung und Chen Chi-Hwa auch mal als Action Director aus. Genau aus dieser Zeit gibt es einen seltsamen Hinweis eines versteckten Cameos von Jackie Chan.

Wir schreiben den 21. Dezember 1979. In wenigen Tagen ist nicht nur das Jahr sondern ein ganzes Jahrzehnt zu Ende. Für viele Menschen ein wichtiger Schritt hin zu einem persönlichen Neuanfang. Genau solch einen Neuanfang wollte auch Jackie Chan angehen. Jahrelang hat er unter der Führung Lo Weis Billigfilme gedreht, die seinem Image schadeten.

Rückblick auf die Ära Lo Wei

1976 unterschrieb der junge Jackie Chan einen Vertrag über fast ein Dutzend Filme bei dem damals noch recht populären Regisseur Lo Wei, der unter anderem für die Klassiker »Fist Of Fury« (1972) mit Bruce Lee und »The Golden Sword« (1969) mit Cheng Pei-Pei verantwortlich war. Lo Wei wollte aus dem jungen Chan einen neuen Bruce Lee machen, und so musste dieser erstmal in der Fortsetzung »New Fist Of Fury« (1976) brillieren.

Der Erfolg war mager und man versuchte es mit anderen Konzepten, die einfach nicht fruchten wollten. Kurzerhand wurde Jackie Chan sogar ans Herz gelegt, eine Schönheitsoperation an seinen Augen anzugehen. Das asiatische Publikum fand große Augen sehr sympathisch, und so wollte man die Zuschauer optisch quasi manipulieren. In »Shaolin Wooden Men« (1976) sehen wir Jackie Chan das letzte Mal mit seiner natürlichen Augenform vor der OP.

Doch auch diese Maßnahme scheiterte. Jackie war geknickt und sah seine gesamte Filmkarriere in Gefahr. Im Geheimen arbeitete er an Fremdproduktionen als Action Director und Stuntkoordinator, so zum Beispiel bei »Dance Of Death« (1976) von Chen Chi-Hwa und »The 36 Crazy Fists« (1979), ebenfalls von Chen Chi-Hwa, der wiederum mit Lo Wei zusammenarbeitete.

Als nichts mehr half und sogar Lo Wei nicht mehr an den Erfolg seines Zöglings glaubte, verlieh er ihn gegen Bares an das junge Filmstudio Seasonal Films, wo ihm freies Arbeiten gewährt wurde. Im Stillen munkelt man bereits hier vom Einmischen der Triaden und Jimmy Wang Yus, der Lo Wei unter Druck setzte, Jackie Chan aus seinen karrierevernichtenden Klauen zu befreien. Mit den beiden Filmen »Snake In The Eagle’s Shadow« und »Drunken Master«, die beide 1978 im Kino Rekorde brachen, wurde Jackie zum Star und bewies den letzten Zweiflern, allen voran Lo Wei, dass seine Art Filme zu machen funktionierte.

Jackie Chan auf der Flucht vor den Triaden

Jackie musste nach dem kurzen Abstecher zu Seasonal Films noch einen Film für Lo Wei drehen, und das Chaos ging von vorne los. Ihm wurde zwar für »The Fearless Hyena« (1979) freie Hand gelassen, was mit einem weiteren Kinoerfolg belohnt wurde, doch Lo Wei verhandelte danach einen weiteren Vertrag aus. Den unterzeichnete Jackie ohne Wissen seines Managers Willie Chan, der außer sich war. Beide versuchten, den Vertrag aufzulösen und Jackie Chan bei Golden Harvest unterzubringen, doch Lo Wei, ein bekanntes Mitglied der Triaden, der chinesischen Mafia, manipulierte die nächsten Filmdrehs.

Willie Chan entschied, seinen Schützling Jackie nach Amerika zu schicken, wo ihn die chinesische Mafia nicht erreichen konnte. Während Jackie mehr schlecht als recht an einer Karriere in den USA arbeitete und seinen Debütfilm »The Young Master« (1980) für Golden Harvest schnitt, versuchte man Lo Wei zu besänftigen. Lange Rede, kurzer Sinn: Jackie Chan wurde aus dem Vertrag herausgeschrieben – auch wieder mit der Hilfe von Jimmy Wang Yu, dem Jackie nun zwei Gefallen schuldete – und durfte fortan für Golden Harvest Filme drehen.

Die Lau-Brüder wollen unabhängig werden

Doch in all dem beruflichen und persönlichen Chaos gibt es einen Wink in der Filmografie des Schauspielers, der bis heute ungeklärt bleibt. Wir gehen zurück zum 21. Dezember 1979, wir sitzen in einem Hongkonger Kino und warten mit hunderten anderen Eastern-Begeisterten auf den neuesten Film von Regisseur Lau Kar-Wing.

Wir kennen Lau Kar-Wing und seinen Bruder Liu Chia-Liang noch gut aus den Zeiten der Shaw Brothers, doch dieser Film ist eine gemeinsame Produktion der erfolgreichen Brüder unter der neu gegründeten Familienfirma Lau Brother Co. (L & B). Nach »Dirty Kung Fu« (1978) ist dies erst die zweite Produktion und der Hoffnungsträger für einen finanziellen Erfolg, damit sich beide Filmkoryphäen unabhängig von den großen Filmstudios auf dem Markt etablieren können.

Der Cast ist beeindruckend: Gordon Liu, Lo Lieh, Lau Kar-Wing selbst und Lee Hoi-Sang sollen für einen Kassenhit sorgen. Und dann gibt es noch die Stuntmen, allesamt top ausgebildet, darunter Mars und Lam Hak-Ming. Und genau bei der Rolle von Lam Hak-Ming, der den Lepra-König verkörpert, beginnt das Mysterium des vermeintlichen Chan-Cameos.

Der Lepra-König wird von den Filmhelden auf seiner Quarantäneinsel angesprochen und gibt sein entstelltes Gesicht in dieser kurzen Einstellung erstmals der Kamera preis (s1e1). Sieht aus wie Lam Hak-Ming.
Der Lepra-König wird von den Filmhelden auf seiner Quarantäneinsel angesprochen und gibt sein entstelltes Gesicht in dieser kurzen Einstellung erstmals der Kamera preis (s1e1). Sieht aus wie Lam Hak-Ming.
Nach einigen weiteren Einstellungen kommt der Lepra-König mit seinem Gefolge auf die beiden Titelhelden zu. Sieht aus wie Lam Hak-Ming, gleicht aber auch schwer Jackie Chan. Und ist das Yuen Miu links von uns aus gesehen neben ihm? (s2e1)
Nach einigen weiteren Einstellungen kommt der Lepra-König mit seinem Gefolge auf die beiden Titelhelden zu. Sieht aus wie Lam Hak-Ming, gleicht aber auch schwer Jackie Chan. Und ist das Yuen Miu links von uns aus gesehen neben ihm? (s2e1)
Nach ein paar weiteren Einstellungen gibt es einen Dialog zwischen den Titelhelden und dem Lepra-König, und man erkennt deutlich eine Veränderung am Make-Up. Dort wo vorher nichts war, wurde jetzt viel Matsch oder sonstiges aufs Fronthaar geschmiert. Auch das Make-Up auf der linken Wange scheint erneuert und höher gerutscht zu sein als in der Einstellung davor. (s3e1)
Nach ein paar weiteren Einstellungen gibt es einen Dialog zwischen den Titelhelden und dem Lepra-König, und man erkennt deutlich eine Veränderung am Make-Up. Dort wo vorher nichts war, wurde jetzt viel Matsch oder sonstiges aufs Fronthaar geschmiert. Auch das Make-Up auf der linken Wange scheint erneuert und höher gerutscht zu sein als in der Einstellung davor. (s3e1)
Im selben Dialog gibt es ein paar Schnitte zwischen den Darstellern und dann passiert das: Der Lepra-König verändert wieder sein Make-Up auffällig und verdeckt sich nun mehr als vorher. Dazu gibt es inhaltlich kein Bedarf. (s3e2)
Im selben Dialog gibt es ein paar Schnitte zwischen den Darstellern und dann passiert das: Der Lepra-König verändert wieder sein Make-Up auffällig und verdeckt sich nun mehr als vorher. Dazu gibt es inhaltlich kein Bedarf. (s3e2)
Auffällig ist auch, dass hier der Hintergrund ein anderer zu sein scheint als auf dem ersten Foto dieser Einstellung. Der Lepra-König steht näher am Wasser, was man an den schärferen Umrissen der Klippen und Felsen im Hintergrund erkennen kann. Außerdem … wo ist auf einmal seine Gefolgschaft? (s3e2)
Auffällig ist auch, dass hier der Hintergrund ein anderer zu sein scheint als auf dem ersten Foto dieser Einstellung. Der Lepra-König steht näher am Wasser, was man an den schärferen Umrissen der Klippen und Felsen im Hintergrund erkennen kann. Außerdem … wo ist auf einmal seine Gefolgschaft? (s3e2)

In der nächsten Einstellung steht der Lepra-König wieder am Ausgangspunkt (s2e1) und klatscht aggressiv in die Hände. Im Video erkennt man den Unterschied zwischen den vermeintlich verschiedenen Darstellern besser, doch auch auf dem Foto ist schon ein Unterschied in Sachen Mimik, Make-Up und Gestik zu erkennen. (s2e2)

In der nächsten Einstellung steht der Lepra-König wieder am Ausgangspunkt (s2e1) und klatscht aggressiv in die Hände.
Im Video erkennt man den Unterschied zwischen den vermeintlich verschiedenen Darstellern besser, doch auch auf dem Foto ist schon ein Unterschied in Sachen Mimik, Make-Up und Gestik zu erkennen. (s2e2)

In der darauffolgenden Kampfsequenz erkennt man deutlich, dass Lam Hak-Ming (wieder?) eingesprungen ist. Die Bewegungen ähneln nicht denen von Jackie Chan, dafür sind sie zu langsam und nicht flüssig genug. Außerdem ist der Körper von Lam Hak-Ming nicht so durchtrainiert wie der von Jackie Chan zu jener Zeit. An dieser Stelle sei einfach nur an die letzte Kampfszene aus »The Fearless Hyena« (1979) erinnert. (s5e1)

In der darauffolgenden Kampfsequenz erkennt man deutlich, dass Lam Hak-Ming (wieder?) eingesprungen ist. Die Bewegungen ähneln nicht denen von Jackie Chan, dafür sind sie zu langsam und nicht flüssig genug. Außerdem ist der Körper von Lam Hak-Ming nicht so durchtrainiert wie der von Jackie Chan zu jener Zeit. An dieser Stelle sei einfach nur an die letzte Kampfszene aus »The Fearless Hyena« (1979) erinnert. (s5e1)
In der darauffolgenden Kampfsequenz erkennt man deutlich, dass Lam Hak-Ming (wieder?) eingesprungen ist. Die Bewegungen ähneln nicht denen von Jackie Chan, dafür sind sie zu langsam und nicht flüssig genug. Außerdem ist der Körper von Lam Hak-Ming nicht so durchtrainiert wie der von Jackie Chan zu jener Zeit. An dieser Stelle sei einfach nur an die letzte Kampfszene aus »The Fearless Hyena« (1979) erinnert. (s5e1)
In der darauffolgenden Kampfsequenz erkennt man deutlich, dass Lam Hak-Ming (wieder?) eingesprungen ist. Die Bewegungen ähneln nicht denen von Jackie Chan, dafür sind sie zu langsam und nicht flüssig genug. Außerdem ist der Körper von Lam Hak-Ming nicht so durchtrainiert wie der von Jackie Chan zu jener Zeit. An dieser Stelle sei einfach nur an die letzte Kampfszene aus »The Fearless Hyena« (1979) erinnert. (s5e1)
In der darauffolgenden Kampfsequenz erkennt man deutlich, dass Lam Hak-Ming (wieder?) eingesprungen ist. Die Bewegungen ähneln nicht denen von Jackie Chan, dafür sind sie zu langsam und nicht flüssig genug. Außerdem ist der Körper von Lam Hak-Ming nicht so durchtrainiert wie der von Jackie Chan zu jener Zeit. An dieser Stelle sei einfach nur an die letzte Kampfszene aus »The Fearless Hyena« (1979) erinnert. (s5e1)

Mögliche Begründung für diesen Cameo

Ich gehe hier von zwei Drehs dieser Szene aus, die dazu führten, dass Make-Up und Kostüm entweder erneuert oder verändert wurden. Das ist an sich nichts ungewöhnliches für Filmdrehs, doch ein kleiner Verdacht bleibt, dass Jackie Chan vielleicht doch unter der Kutte steckt, zumindest bei folgenden Einstellungen: (s2e1), (s3e2) und (s2e2).

Würde das Sinn ergeben, einen damaligen aufstrebenden Filmstar unerkannt in einer Einstellung zu filmen, ohne im Nachhinein dann mit seiner Mitarbeit zu werben? War Jackie Chan 1979 vielleicht wirklich für die Rolle des Lepra-Königs eingeplant und sollte mit einem neuen Kampfstil, was damals typisch für seine Filme war, Filmfans ins Kino locken, um den erstaunlichen Cast des Films zu erweitern und so den Lau-Brüdern zu einem Erfolg zu verhelfen? Und wurde Jackie Chan dann in letzter Minute gegen Lam Hak-Ming ersetzt, aus welchen Gründen auch immer, vielleicht aus Angst vor Lo Wei und seinen Drohungen? Wollte Jackie Chan bei der neu gegründeten Filmfirma der Lau-Brüder vorsprechen, um dort Karriere zu machen, wie er es bei Seasonal Films schon schaffte?

Das sind und bleiben alles Spekulationen. Fakt ist, eine Ähnlichkeit und die unterschiedlichen Filmeinstellungen sind nicht wegzudiskutieren. Solange es keine offizielle Stellungnahme zu dem Fall gibt, bleibt er eine »urban legend«. Auf Nachfrage eines anerkannten Filmkritikers und Cineasten, dem ich diese Hinweise ausführlich mitteilte, bekam ich als Antwort: »Das hat mich nie interessiert, ob und in welchen kleinen Rollen Jackie Chan mal aufgetaucht ist. Mir geht es da um seine großen Errungenschaften.« Der Urheber des Zitats möchte lieber anonym bleiben.

Auch Ric Meyers erwähnt diesen Fall mit keiner Silbe in seinem Audiokommentar zur englischsprachigen DVD-Veröffentlichung. Anbei die Sequenz als Video, machen Sie sich gerne selbst ein Bild.

Fazit

Wie bereits zuvor geschrieben, gehe ich persönlich von zwei Drehs dieser Szene(n) aus. Dies belegen auf jeden Fall Fehler in der Kontinuität, zum Beispiel beim Make-Up, der Kleidung und des Hintergrunds des jeweiligen Sets. Ob hier aber zwei verschiedene Personen am Werk waren und dann dazu noch Jackie Chan – das überlasse ich dem Betrachter selbst.

Zum Schluss stelle ich noch ein Vergleichsbild online, das eine Einstellung aus „Fists And Guts“ mit einer Einstellung aus „Dragon Fist“ mit Jackie Chan gegenüberstellt. Beide Filme kamen 1979 ins Kino, wobei „Dragon Fist“ bereits 1978 gedreht wurde.

Zum Schluss stelle ich noch ein Vergleichsbild online, das eine Einstellung aus "Fists And Guts" mit einer Einstellung aus "Dragon Fist" mit Jackie Chan gegenüberstellt. Beide Filme kamen 1979 ins Kino, wobei "Dragon Fist" bereits 1978 gedreht wurde.