„DER RASENMÄHER-MANN“ (1992) | Filmreview

„DER RASENMÄHER-MANN“ (1992) | Filmreview

25. Juli 2024 Aus Von Thorsten Boose

Bezug zu Jackie Chan: keiner vorhanden

„Fallen, schweben, fliegen. Was kommt den als nächstes, ficken?“

Verfilmungen von Stephen Kings Romanvorlagen sind in wenigen Fällen gut und dann Klassiker in der Popkultur geworden. Die meisten seiner genialen Geschichten sind in Film und Fernsehen allerdings in einer Trash-Ecke anzusiedeln, die eine Unterscheidung zwischen Story und Umsetzung und damit eine faire Bewertung schwermacht. Versuchen wir es dennoch.

„DER RASENMÄHER-MANN“ (1992) erzählt die Geschichte des Cyber-Wissenschaftlers ANGELO, der an einer neuen Technik für künstliche Intelligenz arbeitet und aufgrund eines gescheiterten Tierversuchs kurz vor dem Ende seiner Karriere steht. Wäre da nicht der geistig zurückgebliebene JOBE, eine ehrliche Haut, die in einem Schuppen auf dem Kirchengelände lebt und sich mit Rasenmähen etwas dazuverdient.

Wenn man bedenkt, dass die Originalgeschichte aus der Feder von Stephen King schon 1975 zu Papier gebracht wurde, wird sein Genie deutlich. Noch vor dem kommerziellen Computerzeitalter erkannte King die Macht hinter den Bits und Bytes und wie sich der Mensch zum Schöpfer einer künstlichen Intelligenz erheben wird, nur um dann von ihr bedroht zu werden.

Ich stelle mir vor, wie ich 1975 an einem Sonntagnachmittag Zeitung lese oder mir ein Buch schnappe und diese Kurzgeschichte bei Regen und einer Tasse Kaffee verschlinge. Ich glaube, der Kaffee bliebe unberührt, weil ich von diesem futuristischen Sci-Fi-Horror so gefesselt wäre. Diese Genialität in bewegte Bilder zu packen, ist meist ein Unterfangen, dass zum Scheitern verurteilt ist; nur wenige Buchverfilmungen sind wirklich gut und funktionieren als Film.

Den Titel der Geschichte, ob Kurzgeschichte oder Film, finde ich persönlich aber weder gut noch passend. Nicht gut, weil er mich nicht packt, er ängstigt mich nicht, im Gegenteil, ich würde mich eher darüber lustig machen. „Uuh, der Rasenmäher-Mann kommt“. Er passt auch deshalb nicht, weil Jobe nicht einmal den Rasen mäht. Er mulcht. „Der Mulcher“ klingt doch gleich mysteriöser, oder? Aber welcher Narr bin ich schon, der den großen King zu kritisieren?

Der Film startet gut, doch driftet ganz schnell in eine Art, die ich am ehesten mit einem typischen 90er Jahre Softcore-TV-Porn vergleichen würde. Szene reiht sich an Szene und diese permanente Fahrstuhlmusik hat weder Höhen noch Tiefen und untermalt nicht mal die Dramatik des, zumindest von Pierce Brosnan, gut umgesetzten Schauspiels. Es klimpert die ganze Zeit über unpassend bei spannenden Szenen, wenigen lustigen Szenen und sogar Dialogen, was extrem stört und der Geschichte die Spannung raubt.

1992 steckten Computereffekte noch in den Kinderschuhen. Ein Jahr später sollte sich das mit „JURASSIC PARK“ für immer verändern. Doch in „DER RASENMÄHER-MANN“ sind wir Zeuge der besten 3D-Bildschirmschoner-Designs, die die Welt je in Spielfilmlänge genießen durfte. Ich bin mir fast sicher, dass die Effekte schon damals etwas wirr und over-the-top rüberkamen. Heutzutage ist es ein absolutes Graus, sich diese Szenen anzusehen. Dieser Punkt ist schlecht gealtert. Aber so ist das mit der Technik.

Ein ungewollt lustiges Element wurde mit der Figur Jobe selbst integriert, denn der sieht einfach mal aus wie Chucky und Jeff Daniels in „DUMM UND DÜMMER“ – oder sieht Jeff Daniels in dem Film eher aus wie Chucky und Jobe? Jedenfalls ist diese Figur bis zur Karrikatur verkommen, was nur noch mit dem Klischee der notgeilen Witwe von nebenan, für die er den Rasen mäht, übertroffen wird. Zum Glück wird kein plumper Buschwitz gemacht.

Der Wissenschaftler Angelo erkennt in Jobe die Chance auf Rettung seines Projekts und macht ihm ein teuflisches Angebot: „Ich kann dich klüger machen, aber du nur, wenn du es möchtest.“ Der Teufel hat viele Gesichter und dank des prügelnden Pedopriesters (Pedo? Ja, schaut euch die letzte Szene und seine Aussage genauer an) wird der Leser/Zuschauer im Glauben gelassen, dass der Pfaffe als Sinnbild für die ach so scheinheilige Kirche doch das Böse verkörpert. Das Argument wird damit bekräftigt, dass man Hauptdarsteller Brosnan als Schönling darstellt, der ja nur das Beste für den armen Jobe will.

Doch schon seine eigene Frau ist den Möchtegern-Bill-Gates leid und sagt nur „Mach mit deiner Zukunft doch, was du willst, Larry, aber tu es bitte ohne mich“. Ganz genau, liebe Transhumanisten, eure irren Pläne haben mit der Realität der meisten Menschen nichts zu tun, also lebt sie doch ohne uns aus. Ich erwähne Bill Gates nicht umsonst und könnte die Liste noch erweitern. Aber geben wir dem Teufel des Narrativs nicht zu viel Spielraum, denn meiner Meinung nach ist es eben Angelo und seine KI-Technik, die für Zerstörung sorgt. Genau darauf läuft es auch im Film hinaus und Angelo muss kurz vor knapp seinen Fehler anerkennen und den kleinen Peter retten.

Das Ganze geschieht nicht ohne Seitenhieb auf Gott. Der vom letzten Rest Mitleid geplagte digitale Jobe befreit den kleinen Peter aus einer Kammer und Angelo sagt „Gott sei Dank“. Die Transformierung vom Geschöpf zum Schöpfer ist somit vollbracht und King zeigt wieder einmal sein wahres Ich. Satanische Umkehr bedeutet einfach nur „gaslighting“, man unterstellt seinem Gegner die eigenen Fehler, Schwächen, Reaktionen usw. Zu viel des Guten? Dutzende Saturnistensymbole sind wie in fast jeder King-Verfilmung durch den Film hinweg zu erkennen. Und hallo, das Leitmotiv an sich ist das Paradebeispiel.

Ab der Mitte wird der Film leider faul, denn natürlich steckt der Militärkomplex mit einem schwarzen Projekt dahinter. Woher sollen sonst die Gelder für so ein irres Unterfangen stammen? Und bevor Jobe sich selbst in die Cloud hochlädt, steht er noch wie Michael Myers in einem Tron-Anzug und einem Ausdruck wie Anakin Skywalker kurz vorm Überlaufen zur dunklen Seite in der Gegend rum. Übrigens, der Name des Schimpansen lautet Rosco 1138 und ist mit Sicherheit eine Anspielung auf George Lucas Film „THX 1138“ (1971) der Stephen King wahrscheinlich zu dieser Geschichte inspiriert hat.

Du kommst immer noch nicht über meinen Punkt der Satanischen Umkehr hinweg? Angelo sagt es gegen Ende mit den Worten „Das früheste Zeichen einer Psychose ist ein Christuskomplex“. Blasphemie! Aber ich verstehe schon, zuerst erfindet der Transhumanist eine gottlose Technik, nur um dann auf überrascht zu machen und sie als gottlos zu betiteln. Et voilà, satanische Umkehr.

Das Ende ist dafür aber umso stärker.

Zeitgenössische 5 von 10 Sternen

Deutscher Trailer | „DER RASENMÄHER-MANN“ (1992)

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