1960-1969: Jackie Chans erste Schritte – Ein Rückblick auf verlorene und neuentdeckte Filme
Es ist gut überliefert, dass Jackie Chan bereits mit acht Jahren vor der Kamera stand und im Film „The 7 Tyrants Of Jiangnan“ (1963), auch bekannt als „Big And Little Wong Tin Bar“, eine kleine Rolle spielte. Während seiner Ausbildung an der China Drama Academy unter der Leitung Yu Jim-Yuens wurden er und seine Mitschüler desöfteren an Filmstudios verliehen, um zusätzliche Einnahmen für die Schulkasse zu generieren.
Ein paar weitere Filme aus den 1960ern mit Jackie Chan sind ebenfalls bekannt, ein paar wenige davon wurden falsch überliefert und zeigen den jungen Chan nicht. Doch es gibt sogar noch Filme, in denen aufmerksame Fans Jackie Chan vermuten könnten. Was aber, wenn Jackie Chan persönlich diese Filme bestätigen würde und das sogar schon vor über 30 Jahren getan hätte?
Rückblick auf frühere Artikel zu den 60ern
Ich selbst bin seit Kindestagen an Fan von Jackie Chan und habe seitdem außerhalb seiner offiziellen Filmografie immer Ausschau gehalten nach Referenzen oder tatsächlichen Auftritten von ihm, die noch nicht bekannt waren oder zumindest mir nicht. Auch ein Star kann sich irren. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte konnte ich – wie andere Fans auch – immer mal wieder einen kleinen Beitrag zur Aufklärung einer vollständigen* Filmografie Jackie Chans beitragen.
Bereits 2017 schrieb ich einen umfassenden Bericht über die Fehlinformation, dass Jackie eine Rolle im berühmten King-Hu-Film „Come Drink With Me“ (1966) (dt. Titel: „Das Schwert Der Gelben Tigerin“) gehabt haben sollte. In Wahrheit handelte es sich um den Film „Lady Of Steel“ (1970), ebenfalls mit Cheng Pei-Pei und ebenfalls von Shaw Bros. Der Bericht kann hier nachgelesen werden.
Auch über einen einzigartigen Auftritt in einer US-Fernsehserie mit Bill Cosby und Robert Culp habe ich berichtet. Ein erstaunliches Zeitzeugnis aus Hongkong. Hier nachzulesen.
Und da mich mein innerer Monk oft dazu treibt, noch genauer hinzuschauen, hielt ich meine Rechercheergebnisse zum Vierteiler „The Golden Hairpin“ (1963, 1964) schon 2018 im Bericht „Entdeckung: Jackie Chan dank Vergleich von Filmaufnahmen in »The Golden Hairpin« von 1963 entdeckt?“ (hier nachzulesen) fest. Auf diesen Film komme ich später noch zurück.
Welche Filme hat Jackie Chan denn nun noch bestätigt und wann soll das gewesen sein?
* Eine komplette Filmografie von Jackie Chan zu erstellen, wird beinahe unmöglich sein, da es nicht für jeden Film, an dem er teilnahm, überprüfbare Unterlagen gibt.
Status Quo: Die bestätigten Filme der 60er
Gehen wir noch einen kleinen Schritt zurück und legen erstmal den Status Quo fest. Die folgenden Filme sind bis heute mit einer Mitarbeit Jackie Chans bestätigt. Wenn nicht von Jackie selbst, dann doch anhand vorliegender, eindeutiger Videos, Fotos und/oder offizieller Einträge in Datenbanken des Hongkonger Filmarchivs.
„The 7 Tyrants Of Jiangnan“ (1962, 橫掃江南七霸天)
„The Story Of Qin Xiang-Lian” (1964, 秦香蓮)
„The Eighteen Darts (Part 1)” (1966, 兩湖十八鏢(上集))
„The Eighteen Darts (Part 2)” (1966, 兩湖十八鏢(下集))
Alle oben genannten Filme sind nie in Deutschland erschienen. Die beiden Einträge um „Come Drink With Me“ (1968), siehe meinen Bericht weiter oben verlinkt, und „The Love Eterne“ (1963) sind beide falsch. Auf letzteren werde ich gleich genauer eingehen.
Darüber hinaus existieren über zig weitere Filme aus den 60ern Gerüchte, dass Jackie Chan angeblich bei den Dreharbeiten dabei gewesen sein soll. Je später in den 60ern, desto eher als Stuntman und Komparse und nicht mehr als Kinderdarsteller. So die Annahmen.
Auch wenn es durchaus berechtigt ist anzunehmen, dass Jackie in weiteren Filmen mitgewirkt hat, denn laut seiner Aussage waren es damals schon dutzende Filme gewesen, sollte man dennoch vorsichtig bei der Recherche sein. Denn wie schon erwähnt, auch ein Star kann sich mal irren.
1989 in der Celebrity Talkshow
Im Fall der Erzählungen von Jackie Chan in der Celebrity Talkshow vom 16. Juni 1989 (erhältlich in der „Armour Of God“-Box von 88 films als Bonusmaterial mit englischen Untertiteln) scheint er sich aber genauestens an seine Drehtage als Kind und Heranwachsender zu erinnern. In der Sendung mit den Moderatoren Chua Lam, Ni Kuang und James Wong berichtet Jackie sogar davon, wie er mit Ti Lung an „The Water Margin“ (1972) (dt. Titel: „Die Sieben Schläge Des Gelben Drachen“) arbeitete.
Das wird ein separater Artikel werden, denn hier habe ich vieles entdeckt, worüber ich detailliert berichten muss! Wen das Thema jetzt schon interessiert, den verweise ich auf meine Podcast-Folge vom 9. April 2022 „Jackie Chan & Chang Cheh: WATER MARGIN und weitere bestätigte Filme aus den 60ern“.
Er wird auch gefragt, welche Filme er als Kind so gedreht habe. Und da wird es spannend. Denn er erwähnt „The Mermaid“ (1965, 魚美人), nie in Deutschland erschienen, und tatsächlich gab es schon seit vielen Jahren Hinweise unter Fans, wahrscheinlich wegen genau dieser Aussage von damals, er habe in dem Film mitgewirkt. Hiermit stelle ich erstmal den direkten Bezug zu einer Aussage von Jackie persönlich her und nenne die Quelle, damit es nachvollziehbar ist, warum man sich dem Film als Fan widmen sollte. Es sind nur wenige Szenen mit Kindern zu sehen, vor allem am Ende. Eines von den kostümierten akrobatischen Kindern könnte sehr gut Jackie sein.
Den zweiten Film, den Jackie in der Talkshow erwähnt, ist „Monkey Soldiers Come To The Rescue“ (1963, 猴子兵華山救駕), ebenfalls nie in Deutschland erschienen, in dem ganz deutlich ein junger Sammo Hung einen seiner ersten Auftritte hat. Auch hier lässt sich ein noch jüngerer Jackie Chan, der damals schon Filme drehte, nur schwer bis gar nicht erkennen – denn die Kinder im Film tragen alle Affenkostüme.
Zu guter Letzt erzählt Jackie stolz, dass er auch in einer Verfilmung einer klassischen Chinesischen Oper namens „Butterfly Lovers“ mitgespielt habe. Einer der Moderatoren fragt erstaunt nach, ob es der berühmte Film „The Love Eterne“ (1963, 梁山伯與祝英台) mit Betty Loh Tih und Ivy Ling Po aus dem Hause Shaw war. Doch Jackie winkte nur selbstbewusst ab und erklärte, dass es die Cathay-Verfilmung aus dem Jahr zuvor war mit Li Li-Hua, „The Romance Of Liang Shanbo And Zhu Yingtai“ (1964, 梁山伯與祝英台). Ihr vermutet richtig – auch dieser Film erschien nie in Deutschland.
Das ergibt auch absolut Sinn, denn Li Li-Hua, so erzählt man sich, war von Jackies Arbeit damals begeistert und habe weiterhin gerne mit ihm zusammengearbeitet, so im Jahr darauf eben im bekannten Film „The Story Of Qin Xiang-Lian” (1964, 秦香蓮). Die Shaw-Verfilmung der „Butterfly Lovers“-Folklore ist erfolgreicher gewesen und bis heute ein Klassiker. Die Cathay-Version, „The Romance Of Liang Shanbo And Zhu Yingtai“ (1964, 梁山伯與祝英台), ging im Laufe der Zeit verloren, was bedeutet, sie liegt wahrscheinlich irgendwo in einem Kellerarchiv und wartet auf eine Neuentdeckung und Digitalisierung.
Im Mai 1994 stattete Li Li-Hua, die damals auf die 70 zuging, Hongkong einen Besuch ab. Ihren Lebendsabend verbrachte sie in Amerika und Singapur, doch Jackie Chan schmiss ihr zu Ehren ein Wiedersehensdinner, wo beide mit Gästen über die gute alte Zeit sprachen. Sie hatten sogar die Idee, für einen Wohltätigkeitsevent gemeinsam eine Pekingoper auf der Bühne aufzuführen.
Das ganze wurde ausführlich im Fan-Club-Heft #53 auf Seite 32 und 33 abgedruckt. Auch hier erwähnt Jackie den „Butterfly Lovers“-Film von 1964.
1990 in einem exklusiven Buchinterview
Ende der 80er und Anfang der 90er war eine Zeit mit vielen exklusiven Interviews für Jackie, der gerade als Produzent mit seinem Film „Rouge“ (1988, 胭脂扣) erstmals internationale Anerkennung als Drama-Filmemacher erlangte und mit „Miracles“ (1989, 奇蹟) der Welt beweisen wollte, dass er als seriöser Filmemacher auch in seinem Genre Kunst schaffen kann, die ein großes Publikum nachhaltig interessiert. Für den Autor Chen Qing-Wei (陳清偉) gab er solch ein Exklusivinterview für seine Buchreihe von Hongkonger Filmstars.
Chen Qing-Wei schrieb ein Buch namens „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), das nur auf Chinesisch im Hong Kong Film Publishing House (香港電影出版社) 1990 erschien. Das Buch selbst kann man sich vorstellen, wie eine Mischung aus Biografie, Filmografie und Interview. So erzählt der Autor auf ca. 170 Seiten im Taschenbuchformat die Geschichte von Jackies Eltern und deren Neustart in Hongkong nach, von Jackies Kindertagen und Jahren an der China Drama Academy, von den ersten Versuchen als Stuntman und so weiter.
Heutzutage sind diese Geschichten über Jackie Chan weltbekannt, nicht zuletzt dank seiner 1998 im Westen erschienenen Autobiografie „Jackie Chan – Ein Leben voller Action“. Was viele nicht wissen, ist, dass dies streng genommen seine zweite Autobiografie ist. Denn bereits 1984, um präzise zu sein am 29. Februar, erschien das Buch „愛してポーポー“ (Love You, Paw Paw) auf Japanisch, das als erste Autobiografie von Chan the Man gilt. Bis heute gibt es keine Übersetzung dieses Buches, doch es bildet die Grundlage für alles, was danach biografisch über Jackie Chan berichtet wurde.
Um noch ein paar Jahre zurückzugehen, müssen wir Jackies ehemaligen Manager Willie Chan († 2017) ins Spiel bringen, der rund um seinen Schützling ein perfekt funktionierendes Marketinguhrwerk schaffte, indem er schon Ende der 1970er Jahre der Presse vorgeschriebene Anekdoten über Jackie Chan aushändigte, die im offiziellen Fan-Club und den dazugehörigen Heften sowie in den viel zitierten „My Childhood“-Storys (Ursprung war auch hier ein exklusiver Zeitungsbericht in Hongkong) immer wieder abgedruckt und wiederholt wurden.
Im Jahr 1989/1990 waren also schon alle Mitarbeiter rund um Jackie Chan und er selbst darin gebrieft, auf gewissen Fragen einheitlich zu antworten. Umso mehr Respekt habe ich vor journalistischer Arbeit wie der von Ni Kuang, Chua Lam und James Wong sowie von Chen Qing-Wei, die Fragen außerhalb des vorgefertigten Images stellten. Nicht falsch verstehen, ich halte die Anekdoten aus Jackies Leben für authentisch, wenn auch aufgehübscht, aber um der Presse keinen Angriffspunkt zu bieten und das eigene Image zu schaden, muss man ab einem gewissen Level natürlich dieselben Storys wiederholen.
Im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影) geht Jackie allerdings kurze Abwege und auf die Frage ein, in wie vielen und welchen Filmen er als Kind mitspielte.
„Ich hab schon mit sieben Jahren an der Schule trainiert. Ein Jahr später war ich im Film zu sehen bei „The Story Of Qin Xiang-Lian” neben Li Li-Hua.“
„Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), Seite 61
Auf Seite 61 im Buch listet Jackie ein paar Filme aus den 1960ern auf, manche erwähnte er in der Celebrity Talkshow ein Jahr zuvor, doch es gab auch Überraschungen.
„… danach kam „Liang San Poh and Chu Ing Tai“, „Big And Little Wong Tin Bar“, „Monkey Soldiers Come To The Rescue“ und „The Golden Hairpin”. Es waren mindestens 50 oder 60 Filme.”
„Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), Seite 61
Die Aussage, dass Jackie als Kind bereits 50 oder 60 Filme gedreht haben soll, schockierte Autor Chen Qing-Wei, also hakte er nach. Jackie gestand, dass er nicht genau wisse, wie viele Filme es waren, weil es so viele waren und er manchmal am Tag an zwei verschiedenen mitarbeitete oder alle zwei Tage an einem neuen Set war. Die Massenproduktion von 7-Tage-Filmen ist ein Thema für sich und sicher schlummern noch irgendwo weitere Filme mit Jackie Chan in einer Kinderrolle, doch für uns ist hier und heute erstaunlich festzuhalten, dass Jackie abermals Filme bestätigte, die bis heute als Gerücht gelten.
Und nicht nur das. Er erzählt von einem Film, den kaum jemand mit Jackie Chan verbindet. Wahrscheinlich weil er nie wieder erwähnt wurde und bis heute als verschollen gilt.
„Ich habe vergessen, wie viele Filme ich gemacht habe. […] Bei „Father And Son“ spielte ich nur kurz einen der Taschendiebe.“
„Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), Seite 61
Status Quo um neuentdeckte Filme ergänzt
Wir halten also fest, folgende Filme wurden von Jackie Chan höchstpersönlich schon 1989 bzw. 1990 bestätigt:
„The Mermaid“ (1965, 魚美人)
„Monkey Soldiers Come To The Rescue“ (1963, 猴子兵華山救駕)
„The Romance Of Liang Shanbo And Zhu Yingtai“ (1964, 梁山伯與祝英台)
„The Golden Hairpin“ (1963, 1964, 碧血金釵)
„Father And Son“ (1963, 人之初)
In welchem Teil der Quadrologie um „The Golden Hairpin“ Jackie letztendlich zu sehen ist, darüber gibt er keine Auskunft. Aber ich denke, mein bereits oben verlinkter Artikel dazu gibt Aufschluss darüber.
Jackie als Taschendieb in „Father And Son“?
Viel spannender ist an dieser Stelle der zuletzt erwähnte Film von 1963, „Father And Son“ (人之初). Zwar scheint er über die Jahrzehnte verloren gegangen zu sein, aber ein Filmheft ist erstaunlich gut erhalten geblieben. Hier wird auf Chinesisch und Englisch das Projekt dem Leser nähergebracht, mit Fotos.
Könnte auf einem dieser Fotos ein junger Jackie Chan zu sehen sein? Man bedenke, zum Zeitpunkt des Drehs war er vermutlich gerade einmal neun Jahre alt geworden. Im Filmheft werden namentlich Baby Wong Pui-Pui (小佩佩), eine populäre Kinderschauspielerin der 60er, und Teng Hisao-Yu (鄧小宇), der im Zentrum der nachfolgenden Fotos steht, erwähnt.
Drei der Jungs haben eine Glatze, was tatsächlich darauf hindeuten kann, dass sie von der China Drama Academy kamen. Einer von ihnen ähnelt sogar Yuen Miu und der andere Jackie Chan – sein Lächeln spricht beinahe Bände, oder nicht?
Ich habe mir erlaubt, den möglichen Kandidaten für Jackie Chan zu markieren. Zum Vergrößern der Fotos klicken Sie bitte auf die jeweilige Abbildung.
Jackie Chan mit den Seven Little Fortunes in „Passion“?
Während meiner Recherche zu „Father And Son“ (人之初) stieß ich zufälligerweise in alten Zeitschriften auf ein Foto mit einer Bildunterschrift, das mich erst verwirrte. Das Foto zeigt in schlechter Qualität eine Vorführung einer Chinesischen Oper. Der Text dazu sagt:
„Im neuen Film „乾柴烈火“ wird eine Szene innerhalb einer Szene gedreht und die Seven Little Fortunes führen eine Peking-Oper auf.“
The Kung Sheung Evening News, 24. April 1964 (工商晚报)
Die Seven Little Fortunes? Ist das etwa Jackie Chan auf dem Foto? Und was hat das mit „Father And Son“ (人之初) zu tun? Ich glaube, nichts. Hier spielte der Zufall eine Rolle, denn bei dem Titel „乾柴烈火“ handelt es sich um einen Film, der während der Nachvertonung umbenannt wurde – in „女人女人“. Das zumindest schreibt eine Zeitschrift von 1963.
„Die Synchronisation der literarischen Tragödie „女人女人“ ist abgeschlossen. Der ursprüngliche Titel „乾柴烈火“ wurde zwischenzeitlich geändert.“
Overseas Chinese Daily News (华侨日报), 14. November 1964
Und wenn man nach diesem Titel sucht, stößt man auf den Film „Passion“ (女人!女人!), der anscheinend 1964 produziert und am 2. Dezember 1965 in Taiwan Premiere feierte (in Hongkong erst am 31. März 1967) und, richtig geraten, auch nie in Deutschland erschien.
Wurden also die Seven Little Fortunes während einer ihrer Aufführungen für den Film „Passion“ (女人!女人!) gefilmt? Das wäre eine echte Sensation und nach der Bill-Cosby-Serie „I Spy“ (dt. Titel: „Tennisschläger Und Kanonen“) der zweite Sensationsfund eines echten Auftritts der Seven Little Fortunes!
Fun Fact: Regisseur Wu Chia-Hisang (吳家驤) inszenierte sowohl „Father And Son“ (1963, 人之初) als auch „Passion“ (1965, 女人!女人!).
Darf’s ein bisschen mehr sein?
Der Vollständigkeit halber muss ich hier auf die Seven Little Fortunes eingehen. Denn als solches bekam das Top-Team von Yu Jim-Yuens China Drama Academy auch Filmcredits. So geschehen in „Little Dragon Girl Teases White Snake Spirit“ (1963, 小龍女三戲白蛇精) und „The Invincible Kid Fong Sai-yuk” (1965, 無敵神童方世玉). Im zweiten spielt sogar Simon Yuen Siu-Tin mit, der an Jackies Schule zu jener Zeit Lehrer war. Es könnte gut sein, dass auch in diesen beiden Filmen ein junger Jackie zu sehen ist.
Anscheinend gibt es aber auch Filme, die die Seven Little Fortunes – oder einige Mitglieder des Teams – zeigen, aber nicht im Vor-/Abspann erwähnen. So ein Film ist „The Birth Of Yue Fei“ (1962, 岳飛出世), in dem unverkennbar ein junger Sammo Hung mitspielt. Dieses Foto wurde am Filmset geschossen und zeigt unter anderem auch Yuen Wah und Jackie Chan, die sich alle um den Hauptdarsteller Sai Gwa-Pau versammeln.
Der Film basiert auf dem chinesischen Buch „General Yue Fei“ (說岳全傳), das im 17. Jahrhundert von Qian Cai (錢彩) geschrieben wurde und beginnt mit einer Szene der Jungs in einer Schule und endet mit Sammo Hungs schon damals beeindruckenden Künsten der Chinesischen Oper und Martial Arts. Im Film findet dann ein zeitlicher Sprung in die Zukunft statt und ab hier treten keine Kinder mehr auf. Jackie Chan (auch Yuen Wah) sind im Film nicht zu sehen. Doch das Foto wurde in den 1960ern im offiziellen Filmheft schon abgedruckt.
Sammo Hung wird namentlich in dem Heft erwähnt, Jackie Chan nicht. Mir selbst stellen sich hier ein paar Fragen. Wurden Jackies Szenen herausgeschnitten bzw. nicht verwendet oder gar nicht erst gedreht? War er nur am Set, um erste Erfahrungen zu sammeln? Schließlich kam der Film noch vor „The 7 Tyrants Of Jiangnan“ (1962, 橫掃江南七霸天) raus, Jackies erstem offiziellen Film. Oder wurden an jenem Tag verschiedene Filme gedreht und man traf sich einfach so zum Gruppenfoto?
Diese Fragen bleiben erstmal offen. Vielleicht werden wir in Zukunft noch weitere Filme entdecken, die als Credit die Seven Little Fortunes auflisten.
Ein weiteres Gerücht besagt, dass Jackie Chan dank Sammo Hung am King-Hu-Film „Dragon Inn“ (1967, 龍門客棧) als Stuntman beteiligt war. Das konnte bisher aber nicht bestätigt werden. Genauso wenig wie die Aussage von Jackie Chan, dass er und andere Stuntman-Kollegen bei dem US-Film „The Sand Pebbles“ von 1966 mitgewirkt haben soll (im Interview mit Inside Kung Fu Magazine 1999, online hier ein Ausschnitt nachzulesen). Möglich ist es. Das optisch zu überprüfen allerdings weniger leicht, und hier könnte man Jackies Worte auch missverstehen. Selbst Hongkongfilm-Insider Mike Leeder geht darauf im Podcast „Movies I Love That No One Talks About“ von Dan Benamor vom 17. Juli 2021 mit dem Titel „Jackie Chan Spectacular“ ein (hier nachhören).
„The Magnificent Monk“ (1969, 濟公活佛) wird in der Hong Kong Movie Database seit langem mit Jackie Chan als Drehbuchautor geführt. Tatsächlich ist im Vorspann des Films der Name Sing Lung (成龍) zu lesen, doch 1969 war Jackie Chan noch weit davon entfernt, diesen Namen zu tragen, geschweige denn von seinem ersten selbstgeschriebenen Filmdrehbuch.
Zu guter Letzt soll Jackie einer der jüngeren Schwertkämpfer im Film „The Swordmates“ (1969, 燕娘) spielen, zu sehen an einem Tor im Hintergrund. Wie ich eingangs schon schrieb, Vorsicht bei der Recherche! Bis auf „Dragon Inn“ (1967, 龍門客棧) (dt. Titel: „Die Herberge Zum Drachentor“) ist aus diesem Abschnitt kein Film in Deutschland erschienen.
Filmografie 1960-1969 mit Erklärungen
Um meine Rechercheergebnisse final auf den Punkt zu bringen, liste ich zum Abschluss nochmal alle Filme, die ich hier besprochen habe, in chronologischer Reihenfolge nach Erstveröffentlichung mit einem Vermerk auf und ergänze sie um weitere Filme, die bisher nicht genannt wurden, aber in diese Epoche gehören.
🟢 = von JC bestätigt 🟡 = zu überprüfen 🔴 = kein Bezug
10. November 1960
🔴 The World of Suzie Wong | Die Welt der Suzie Wong
Das Buch „Dying For Action“ listet Jackie Chan mit einem Cameo auf und nutzt eine falsche Jahreszahl (1964). Definitiv kein Bezug zu Jackie, 1960 war er nicht mal auf der China Drama Academy.
27. September 1962
🟡 The Birth Of Yue Fei | 岳飛出世
Im Filmheft wurde ein Gruppenfoto um Schauspieler Sai Gwa-Pau abgedruckt, das Jackie Chan am Bildrand zeigt. Vielleicht wurden seine Szenen herausgeschnitten/nicht verwendet oder gar nicht erst gedreht?
5. Dezember 1962
🟢 The 7 Tyrants Of Jiangnan | Big And Little Wong Tin Bar | Seven Little Valiant Fighters | 橫掃江南七霸天
Jackie Chans erster offizieller Film
29. Januar 1963
🟡 Little Dragon Girl Teases White Snake Spirit | Little Dragon Girl and Lady White Snake | 小龍女三戲白蛇精
Die Seven Little Fortunes erhalten einen Credit. Der Film gilt als verschollen. Eine mögliche Beteiligung Jackie Chans muss geprüft werden, ist aber denkbar.
6. März 1963
🟢 Monkey Soldiers Come To The Rescue | The Grateful Monkey | 猴子兵華山救駕
Jackie Chan bestätigt den Film sowohl in der Celebrity Talkshow als auch im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影).
3. April 1963
🔴 The Love Eterne | Eternal Love | 梁山伯與祝英台
Keine Beteiligung Jackie Chans. Siehe weiter oben im Text. Wurde mit „The Romance Of Liang Shanbo And Zhu Yingtai“ (1964, 梁山伯與祝英台) verwechselt. Während der Promo von „RIDE ON“ (2023) wurde ein offizielles Video auf Weibo geteilt, das Fan-Interviews zeigt, die von Filmausschnitten von Jackie unterbrochen werden. In einer Einstellung wird auf eine Person aus diesem Film verwiesen, die definitiv nicht Jackie Chan ist.
15. August 1963
🟢 Father And Son | 人之初
Jackie Chan bestätigt den Film im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影).
28. August 1963
🟢 The Golden Hairpin (Part 1) | 碧血金釵(上集)
Jackie Chan bestätigt den Film im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), allerdings nennt er nicht den genauen Teil. Nach meiner Recherche (siehe mein Artikel hier) dürften es Teil 1 und 2 sein.
4. September 1963
🟢 The Golden Hairpin (Part 2) | 碧血金釵(下集)
Jackie Chan bestätigt den Film im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影), allerdings nennt er nicht den genauen Teil. Nach meiner Recherche (siehe mein Artikel hier) dürften es Teil 1 und 2 sein.
19. Juli 1964
🟢 The Story Of Qin Xiang-Lian | 秦香蓮
Li Li-Hua schlug, laut eigener Aussage, Jackie vor Drehstart einer Szene, damit er echte Tränen weint.
24. Dezember 1964
🟢 The Romance of Liang Shanbo and Zhu Yingtai | Liang San Poh and Chu Ing Tai | 梁山伯與祝英台
Die Cathay-Verfilmung mit Li Li-Hua gilt als verschollen. Jackie Chan bestätigt den Film sowohl in der Celebrity Talkshow als auch im Buch „Jackie Chan And His Films“ (成龍及他的電影).
29. Januar 1965
🟢 The Mermaid | 魚美人
Jackie Chan bestätigt den Film in der Celebrity Talkshow.
12. Februar 1965
🟡 Passion | 女人!女人! | 女人女人
Ein Zeitungsbericht besagt, dass die Seven Little Fortunes bei einem ihrer Auftritte für diesen Film gefilmt wurden. Arbeitstitel war bis zur Nachvertonung „乾柴烈火“. Eine mögliche Beteiligung Jackie Chans muss geprüft werden, gilt aber als denkbar.
30. Juni 1965
🟡 The Invincible Kid Fong Sai-yuk | Fong Sai-yuk, an Unrivalled Boy | 無敵神童方世玉
Die Seven Little Fortunes erhalten einen Credit. Der Film gilt als verschollen. Eine mögliche Beteiligung Jackie Chans muss geprüft werden, gilt aber als denkbar.
10. November 1965
🟢 I Spy | Tennisschläger & Kanonen
S1E9 „No Exchange on Damaged Merchandise”; echter Auftritt der Seven Little Fortunes zum Geburtstag von Tin Hau, Göttin der See und Schutzpatronin der Fischer. Datum der Aufnahme: 25. April 1965.
7. April 1966
🔴 Come Drink With Me | Das Schwert Der Gelben Tigerin | 大醉俠
Keine Beteiligung Jackie Chans. Siehe mein Artikel hier.
24. August 1966
🟢 The Eighteen Darts (Part 1) | Seven Little Tigers | 兩湖十八鏢(上集)
Gilt immer noch als verschollen.
31. August 1966
🟢 The Eighteen Darts (Part 2) | Seven Little Tigers (Part 2) | 兩湖十八鏢(下集)
Gilt immer noch als verschollen.
20. Dezember 1966
🟡 The Sand Pebbles | Kanonenboot am Yangtse-Kiang
Laut Gerüchten soll Jackie Chan hier als einer von vielen jungen Stuntman mitgearbeitet haben. Ich vermute, dass Jackie Chan im besagten Interview nicht unbedingt von sich selbst spricht, sondern vielmehr für alle Hongkonger Stuntmen, zu denen er kurz darauf auch gehörte.
21. Oktober 1967
🟡 Dragon Inn | Dragon Gate Inn | Die Herberge Zum Drachentor | 龍門客棧
Laut Gerüchten soll Jackie Chan dank Sammo Hung eine kleine Rolle als Stuntman oder Komparse bekommen haben.
1. März 1969
🔴 The Magnificent Monk | 濟公活佛
Keine Beteiligung Jackie Chans. Siehe weiter oben im Text.
27. März 1969
🔴 Dragon Swamp | 毒龍潭
Keine Beteiligung Jackie Chans. In Folge 151 der Talk-Show „晓说2017“ vom 29. Dezember 2017 wurde in einem Einspieler ein falscher Bezug zu Jackie Chan hergestellt, indem das Filmplakat gezeigt wurde.
8. Oktober 1969
🔴 The Swordmates | 燕娘
Höchst wahrscheinlich keine Beteiligung Jackie Chans. Dieser Film taucht immer mal wieder in Filmlisten auf ohne Bilder, die seine Beteiligung belegen, oder sonstige Quellen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in Zukunft die verlorengeglaubten Filme wieder neuentdecken werden, so wie es bei „Big And Little Wong Tin Bar“ (1962, 橫掃江南七霸天) der Fall war, als der Film irgendwann mal online als eine TV-Aufzeichnung des chinesischen Fernsehens erschien.
Wer mithelfen will, Filme zu finden und Wissenslücken zu schließen, den lade ich herzlich ein, sich mit mir in Verbindung zu setzen.