Jackie Chan’s Spartan X: Offizielle US-Comic-Reihe über Jackie Chan aus den 90ern – ein Überblick
Jackie Chans Durchbruch in Hollywood wird gerne mit »Rush Hour« (1998) in Verbindung gebracht. Letztlich ist es zwar der ausschlaggebende Film, jedoch bahnte sich dieser Erfolg über Jahre hinweg an. Beim dritten Anlauf Hollywood zu erobern, wollte man es richtig machen und die Marke Jackie Chan großflächig bewerben.
Als Jackie Chan 1992 seinen dritten Police-Story-Film ins Kino brachte, landete er nicht nur einen weiteren Erfolg für sein Studio Golden Harvest, sondern setzte neue technische Maßstäbe im Hongkonger Action-Kino. Denn bis dato wurden die meisten Action-Filme ohne Originalton gedreht, sodass sie später im Studio nachsynchronisiert wurden. Dieses Vorgehen war günstiger und bis Anfang der 1990er Jahre in Hongkong gebräuchlich.
Wo man in Hongkong und ganz Asien 1992 erstmals Jackies echte Stimme in einem chinesischen Film hörte, saßen in den USA einige Cineasten, Filmkritiker und Redakteure zusammen und feilten an einem etwas anderen Jackie-Chan-Projekt: einem Comic. Initiatorin davon war Renée Witterstaetter, die auf Gut Glück nach Hongkong reiste und Willie Chan von ihrer Idee überzeugen wollte.
Was folgte, war eine Odyssee von Filmset zu Filmset, immer an der Seite von Jackie Chan, der sie einlud, mit ihr von den Locations von „Drunken Master 2“ über „Police Story 3: Supercop“ bis hin zu „Crime Story“ zu folgen. Schnell war Renée Witterstaetter Teil der Filmcrew, und Jackie vertraute ihr sogar so sehr, dass er sie in eine Szene in „Crime Story“ steckte:
Mehr über ihre Reisen durch Asien, um die „Spartan X“-Comics zum Leben zu erwecken, liest man von Renée Witterstaetter höchstpersönlich in alten Screen-Power-Ausgaben ab #1.3, des offiziellen Fan-Magazins von Jackie Chan.
Die Macher der »Jackie Chan’s Spartan X«-Comics
Die Idee eines eigenen Jackie-Chan-Comics wurde also früh geboren. Dazu kam es, weil sich Fans des Schauspielers in fast allen künstlerischen Bereichen wiederfinden, schon damals, und sie ihr Idol mit einem eigenen Projekt gerne ehren würden. Mit von der Partie waren damals unter anderem folgende Künstler:
Michael Golden, geboren 1945, ist ein US-amerikanischer Comiczeichner, der sich seit den 1970er Jahren in der Branche einen großen Namen erarbeitet hat. Zu seinen beliebtesten Arbeiten zählt die Miniserie »Micronauts«, Marvel-Comics von »She-Hulk« und »Doctor Strange«. Auch für DC zeichnete Golden diverse Comics, wie die in den 1980er Jahren beliebten »Batman«-Comics.
Ric Meyers, geboren 1953, ist ein US-amerikanischer Autor, Ghostwriter und Filmkritiker, der sich, obwohl seit 1974 aktiv, erst seit 1978 mit dem Hongkong-Kino beschäftigt und heute als einer der Pioniere der westlichen Eastern-Cineasten gilt.
Renée Witterstaetter ist eine US-amerikanische Comicbuch-Coloristin, Herausgeberin und Produzentin und arbeitete in ihrer langjährigen Karriere unter anderem für DC, Marvel, Topps und andere. Ihr Buch »Dying for Action: The Life and Films of Jackie Chan« gilt als ein Must-have unter Fans.
Deal: Jackie Chans erstes offizielles Comic stammt aus den USA
Neben den Hauptakteuren um ein Konzept eines universell-gültigen Jackie Chan-Comics traten natürlich weitere Persönlichkeiten der Comicwelt hinzu. Und während sie alle erste Entwürfe besprachen und einen Vertrieb planten, drehte Jackie Chan in Vancouver 1994 »Rumble In The Bronx«, mit dem er einen weiteren Meilenstein setzte. Zum ersten Mal sprach man in einem international angelegten Hongkonger Actionfilm Englisch und drehte hierfür sogar in Übersee.
Jackie und sein Partner Willie Chan planten die Übernahme des Westens von langer Hand und gingen Schritt für Schritt dabei vor. Die ersten Fan-Clubs in Großbritannien gab es bereits Ende der 1980er Jahre, die USA folgten Anfang der 1990er. Selbst Frankreich, Deutschland und Spanien zogen mit kleineren Fantreffen nach. Die Marke Jackie Chan wurde langsam auf der ganzen Welt bekannt und auch so vermarktet. Die Filmstudios New Line Cinema und Miramax kauften Mitte der 1990er einige Rechte zeitgenössischer Jackie-Chan-Filme auf, passten den Soundtrack für ein US-Publikum an und stellten diese Filme erstmals den USA ab 1996 vor, was den Weg für einen sich anbahnenden Hollywood-Blockbuster des Stars ebnete.
Als Ric Meyers und sein Team offiziell mit ihrem fertigen Konzept für eine Comic-Miniserie über Jackie Chan an dessen Büro herantraten, trafen sie den Puls der Zeit. Es war perfektes Timing, und so sagten Jackie und sein Partner Willie Chan zur ersten US-amerikanischen Comicreihe über Jackie Chan zu. Bedingung war aber, dass die JC Group Entscheidungsmacht behielt. Offiziell steht deshalb unter dem Copyright-Hinweis die gemeinsame Firma »Jackie & Willie Productions«.
Start des Jackie-Chan-Comics bei Topps
Der Deal war perfekt, das Konzept und das Artwork standen. Nun ging es an die Ausarbeitung. Während Jackie Chan 1997 in Südafrika »Who Am I?« drehte, wurde bei dem Verlag Topps Comics die Meldung gemacht, dass die erste Miniserie über sechs Ausgaben bei ihnen verlegt würde. Unter dem Titel »Jackie Chan’s Spartan X: The Armour Of Heaven«, welcher gleichzeitig geschützt wurde, wurden im Verlauf von Monaten folgende Ausgaben vertrieben.
Hinweis: Alle Comic-Seiten sind koloriert. Pro Ausgabe gibt es 32 Seiten.
Inhaltlich wird an dieser Stelle nicht gespoilert, es sei daher nur so viel verraten, dass die Figur Jackie – oft nur als Spartan X der gleichnamigen fiktiven Gruppierung abgeleitet – für einen Auftraggeber die Rüstung des Himmels besorgen soll. Der Plot erinnert an die Filmreihe »Armour Of God«, doch Renée Witterstaetter betont sinngemäß mehrmals in ihren Antworten zu Leserbriefen, dass die Comic-Miniserie keine Filmadaption sei, sondern neue Elemente mit bekannten Eastereggs vermische.
Laut der Editorin einigte man sich für die ersten drei Ausgaben auf einen monatlichen Erscheinungsturnus und für die Ausgaben vier bis sechs auf einen zweimonatlichen. Die vorliegenden Variant-Editionen unterscheiden sich nur durch das Foto-Cover. Bei Ausgabe 1 und 2 der Variants sind Szenen aus »Armour Of God« (1986) abgebildet, bei Ausgabe 3 eine Szene aus »Armour Of God II – Operation Condor« (1991).
Die fehlenden Ausgaben von Topps Comics
Doch halt! Plante das US-amerikanische Comic-Team nicht sechs Ausgaben von »Jackie Chan’s Spartan X: The Armour Of Heaven«? Doch, genau dieser Hinweis findet sich abgedruckt in der linken oberen Ecke jeder Comic-Ausgabe dieser Reihe. Doch nur drei Ausgaben mit ihren Variants sind erschienen.
In den 1990ern erlebte der US-Comic-Markt einen regelrechten inflationären Boom. Gerade bei Topps Comics, die sich auf Comics aus dem Film- und Fernsehbereich spezialisierten, wurden mit vielen Verlagen und Künstlern zusammengearbeitet, die Kleinstserien auf den Markt warfen und wieder in Vergessenheit gerieten. Dies führte letztendlich auch zum Aus von Topps Comics im Jahr 1998.
Doch das »Spartan X«-Comic-Team wollte sich nicht geschlagen geben.
Wiederaufnahme des Jackie-Chan-Comics bei Image
Man muss sich der Schmach einmal bewusst werden: Da plant ein Team jahrelang das erste Comic von und mit Jackie Chan überhaupt, bekommt die Zusage der offiziellen Mitarbeit daran, bewirbt die Miniserie in allen bekannten Fan-Clubs – und dann wird die sehnsüchtig erwartete Reihe genau in der Mitte abgebrochen.
Da bluten Künstler- und Fan-Herzen. Das war auch der Grund, warum Renée Witterstaetter das Ruder an sich riss und mit Ric Meyers und Michael Golden einen erneuten Anflug für ihre »Spartan X«-Serie wagte. Anfang 1998 drehte man noch einen neuen Film, der unter dem Titel »Rush Hour« beworben wurde. Eine Buddy-Komödie mit Jackie Chan und Chris Tucker. Und genau hier setzt das neue Marketing an.
Das Konzept von »Jackie Chan’s Spartan X« wurde nach dem Konkurs von Topps Comics zum Mitbewerber Image Comics übertragen. Renée Wittersteatter fungierte ab sofort auch als Produzentin der Serie unter ihrem Label Eva Ink. Der neue Titel der Comicreihe lautete »Jackie Chan’s Spartan X: Hell-Bent-Hero-For-Hire« und diese Ausgaben wurden produziert.
Hinweis: Alle Seiten sind in Schwarzweiß gehalten. Pro Ausgabe gibt es 32 Seiten.
Inhaltlich sind die drei ersten Ausgaben eine 1:1-Kopie der bereits bei Topps Comics erschienenen Exemplare. Doch die Ausgaben bei Image Comics sind alle unkoloriert. Dies ist wohl der gravierendste Unterschied zur Originalserie, die in schönen bunten Farben die Story untermalte; neben ein paar Änderungen des redaktionellen Teils.
Eine schöne Erweiterung stellen allerdings die Blicke hinter die Kulissen dar, wie die Macher es nennen. Und zwar wird am Ende jedes Comic-Hefts auf mehreren Seiten der Zeichenprozess und früheres, verworfenes Artwork von Michael Golden mit Erklärungen präsentiert.
Die fehlenden Ausgaben von Image Comics
War das erste US-Comic von und mit Jackie Chan verflucht? Man könnte es denken, denn auch der zweite Versuch des »Spartan X«-Teams scheiterte nach nur vier Ausgaben – die letzten beiden Ausgaben der Miniserie waren bereits geplant, vielleicht sogar schon fertig gezeichnet, doch veröffentlicht wurden sie nie.
Eine Besonderheit gibt es bei der Reihe »Jackie Chan’s Spartan X: Hell-Bent-Hero-For-Hire« noch dazu. Auch hierfür wurden Variant-Covers mit Filmfotos aus Jackie Chans Blockbustern produziert. Nur die Ausgaben 1 und 4 sind entweder unauffindbar, streng limitiert gewesen oder erst gar nicht gedruckt worden.
Das Ende des ersten amerikanischen Jackie-Chan-Comics
Leider war das das Ende der ersten Comic-Miniserie über Jackie Chan, die offiziell von seiner Firma Jackie & Willie Productions mit produziert wurde. Auf Internetverkaufsplattformen finden sich von Zeit zu Zeit noch Exemplare, darunter sogar erstaunlich gut erhaltene. Doch die Macher hatten weitaus größeres vor als nur eine Comic-Heftreihe in den USA.
Laut Renée Witterstaetter wollte man nach einem erfolgreichen Start in den USA das Konzept weltweit verkaufen; nach Asien und Europa. Zudem liefen 1998 bereits die Arbeiten an Actionfiguren zur Comicserie. Jeder Charakter sollte eine Figur bekommen, dazu noch eine alternative Figur. Die Editorin war in Gesprächen mit dem Spielzeughersteller Diamond Distribution, die ihr bereits einige Dummies entwarf. Man rechnete mit der Markteinführung im Frühjahr 1999.
Doch das war noch nicht alles. Wo Topps Comics ursprünglich Comic-Bücher aus Fernsehserien und Filmen adaptierte, wollte das »Spartan X«-Team von seinen Comics zurück ins Fernsehen. Es ist erstaunlich, aber der Plan sah vor, eine animierte Kinderserie fürs US-amerikanische Fernsehen zu produzieren. Dies wäre die erste Fernsehserie Jackie Chans gewesen – doch die Geschichte lehrt uns, dass dies mit »Jackie Chan Adventures« (2000-2005) nur kurze Zeit später wirklich erfolgte.
Weitere Informationen wird es in meinem neuen Buch »Der neue deutsche Jackie Chan Filmführer« geben!
[…] Schon bevor „Jackie Chan Adventures“ (2000-2005) im Gespräch war, wollten die Macher hinter den berühmten Comics „Spartan X“ eine TV-Adaption fürs Kinderprogramm produzieren. Die Abenteuer von Spartan X, Jackie Chan, sollten die Hauptfigur in die unmöglichsten Situationen bringen, aus denen sich der flinke Animationsheld nur dank seiner Akrobatik, List und Kung-Fu-Tricks herauswinden konnte. Mehr zu den US-Comics über Jackie Chan gibt’s in meinem Artikel „Jackie Chan’s Spartan X: Offizielle US-Comic-Reihe über Jackie Chan aus den 90ern – ein Überbl…„. […]